Mit wazzara hat Barbara „Babs“ Brawand (Solas Dorcha, Isôt Estrange, Ex-Caladmor) ein Soloprojekt ins Leben gerufen, welches gleich mit der ersten Veröffentlichung „zessa“ zu überzeugen wusste. Mitte Oktober hatten wir die Gelegenheit, uns mit der sympathischen Künstlerin in der Nähe von Zürich zu treffen, um über das Projekt, den ersten Release und die übrigen Betätigungsfelder zu sprechen.
Folkmetal.at: Liebe Barbara, danke dass du dir für uns Zeit nimmst. Bitte stelle wazzara unserer Leserschaft kurz vor.
Barbara: Wazzara ist derzeit ein One-Woman Project. Der Name stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet «Die Wassergeborene». Das Projekt widmet sich, zumindest mit der ersten EP, dem Thema Wasser. Dies nicht nur im Sinne als DAS lebensspendende Element, sondern auch bezüglich der Eigenschaften von Wasser: es reinigt, weist Gewalt auf. Die Songs behandeln die ganze Transformationsgeschichte und auch Heilung ist ein grosses Thema. Es werden sehr viele persönliche Dinge darin verarbeitet. Der Anspruch ist immer ein poetischer, ich arbeite gerne mit Bildern. Auch vom Musikalischen her wollte ich ein Gebilde schaffen. Von daher hat sich die One-Woman Konstellation angeboten, da ich einfach machen wollte, was kommt und zwar so, wie ich es möchte.
Folkmetal.at: Du bist vor etwa einem Jahr bei den Epic Folk Metallern Caladmor ausgestiegen. Darf wazzara als ein Nachfolgeprojekt betrachtet werden oder liegen dessen Wurzeln schon weiter zurück?
Barbara: Ich würde es gar nicht als Nachfolgeprojekt bezeichnen. Es bestand nie die Idee, dass dieses Projekt Caladmor ersetzen würde. Caladmor ist ja auch etwas komplett Anderes, soundmässig und vom Auftreten her. Es ist unabhängig voneinander zu betrachten, da ich auch bereits während meiner Zeit bei Caladmor damit begonnen habe. Die ersten Ideen hierzu sind tatsächlich bereits vor vier bis fünf Jahren an der akustischen Gitarre entstanden. Dass ich bei Caladmor ausstieg, hatte ganz andere Gründe. Interessanterweise habe ich aber bereits das Feedback erhalten, dass wazzara von der Melodieführung her Caladmor sehr ähnlich sei. Möglicherweise habe ich selber gar nicht genügend Abstand dazu, um dies beurteilen zu können.
Folkmetal.at: Könnte man sagen, dass der Ausstieg bei Caladmor das Voranschreiten von wazzara begünstigt hat, indem dadurch z. B. mehr Zeit zur Verfügung stand?
Barbara: Ja, das kann man sicherlich so stehen lassen. Caladmor war sehr zeitaufwendig, es wurden dort bis zum Ausstieg mehrerer Bandmitglieder neue Songs geschrieben und an diesen gefeilt. Seit meinem Ausstieg ist wazzara mein neuer Hauptinhalt, weshalb ich einen deutlich grösseren Fokus darauf legen kann. Sonst wäre es wohl immer noch ein Nebenprojekt, welches nur schleppend vorangetrieben würde.
Folkmetal.at: Unserer Meinung nach klingt wazzara ziemlich anders als Caladmor. Spiegelt dies deine eigene musikalische Weiterentwicklung wider oder steckt schlicht viel mehr von dir persönlich in den Songs, da du diese komplett eigenständig komponieren konntest?
Barbara: Zweiteres trifft definitiv zu. Bei Caladmor wurde das Songwriting aufgeteilt, weshalb ich dort nur ganz wenige Songs komplett alleine verfasst habe. Nun habe ich die Möglichkeit, ganz anders ans Songwriting heran zu gehen. Es war viel intuitiver, begonnen mit einem Riff, dann Gesang darübergelegt, schliesslich die Strophe ausgearbeitet. Die Songs sind ganz natürlich gewachsen, während dies bei Caladmor eher Kopfsache war. Wazzara war völlig offen, ich durfte sein, was ich wollte. Auch dass sich die Wassergestalt als grundlegendes Thema herauskristallisiert hat, entstand wie von selbst. Der Rahmen bei Caladmor war mit der Folk / Viking Thematik vorgegeben. Mir fehlte dabei teilweise etwas der Tiefgang. Hier konnte ich mich bei wazzara völlig ausleben, was dazu führte, dass die Songs gelegentlich schon fast Überlänge aufweisen. Es war ein sehr persönlicher Prozess, wenn du alles alleine machst. Ich lernte dadurch eine völlig neue Arbeitsweise kennen, da ich keine anderen Bandmitglieder miteinbeziehen musste. Es braucht aber auch Mut dies alleine zu tun. Fairerweise muss dazu aber auch gesagt sein, dass ich nicht ganz alleine war. Árni Bergur Zoëga (Árstíðir Lífsins, Carpe Noctem, Live-Helrunar), der als Session-Musiker und Co-Producer involviert war, brachte sich auch viel ein. Die Songstrukturen blieben so bestehen, wie ich sie komponiert hatte. Beim Drumming hat er dabei mehr oder weniger meine Ideen übernommen, obwohl diese sehr simpel gehalten waren. Er meinte, dass dies die Songs besonders machen würde. So gesehen, erhielt ich schon auch immer wieder Feedback zu meinem Schaffen.
Folkmetal.at: Bei deiner ersten Veröffentlichung „zessa“ handelt es sich um eine Konzept-EP, bei welcher das Wasser eine wesentliche Rolle spielt. Wieso gerade dieses Element? Kannst du die Grundidee dahinter etwas ausführen?
Barbara: Ich war von diesem Element schon immer sehr fasziniert. Als Kind brachten mich die Eltern nicht aus dem Wasser. Auch einen reissenden, wilden Fluss konnte ich stundenlang betrachten – dies ist bis heute so geblieben. Wasser zieht mich an, verleiht mir eine gewisse Ruhe. Dies ist etwas, das ich bei den anderen Elementen nicht verspüre. Da es ein sehr persönlicher Aspekt von mir ist, habe ich mir durchaus überlegt, ob ich das an die Öffentlichkeit tragen möchte. Aufgrund meines künstlerischen Anspruchs, das Projekt sehr poetisch zu gestalten, habe ich mich letztlich dafür entschieden. So verwendete ich ein Element, welches eine persönliche Bedeutung hat, als Metapher, um Geschichten mit sehr persönlichem Inhalt zu transportieren.
Folkmetal.at: Der Titeltrack der EP weist ungefähr in der Mitte einen Bruch auf, ehe die zweite Hälfte rein instrumental ausklingt. Welcher künstlerische Gedanke steckt hinter diesem Songaufbau?
Barbara: Die Idee hierzu stammte von Árni. Dieser Bruch und auch die Struktur des Outros waren bereits von mir vorgegeben. Er setzte dies dann sehr gekonnt um und liess durch den andauernden Loop den Song ins Wirre laufen. Wieso er dies so arrangiert hat, erläuterte er mir nie im Detail. Árni ist schlicht ein Mastermind, wenn es darum geht, was bei einer bestimmten Passage am besten passen könnte bzw. was einem Song noch fehlt. Somit gehe ich davon aus, dass dies aufgrund seines Gespürs für den Moment entstanden ist. Er hat einen super Job abgeliefert!
Folkmetal.at: Da die vier Tracks der EP teilweise bereits etwas älter sind, stellt sich die Frage, ob bereits weiteres Songmaterial entstanden ist. Darf demnächst mit dem full-length Debüt gerechnet werden?
Barbara: Ja, in der Zwischenzeit habe ich tatsächlich bereits weiteres Material geschrieben. Der Fokus lag in den letzten Wochen aber nicht in der Finalisierung dieser Songs. Erst wollte ich die EP veröffentlichen. Hier besteht durchaus auch der Wunsch, dass diese dereinst live aufgeführt werden kann. Deswegen bin ich derzeit daran, die Songs für Mitmusiker niederzuschreiben und natürlich auch geeignete Mitmusiker zu suchen und zu finden. Dadurch liegt das kreative Element im Moment etwas brach. Ein vollwertiges Album möchte ich unbedingt veröffentlichen. Ob bei diesem das Wasser wiederum eine Hauptrolle spielen wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Da ich mich selbst auch wieder etwas verändert habe, ist es gut möglich, dass dann andere Themen im Vordergrund stehen werden. Wazzara wird aber sicherlich weiterhin mein Gefäss bilden, um sehr persönliche Geschichten in Songs zu verarbeiten.
Folkmetal.at: Auf deiner EP spielte der Isländer Árni als Session-Musiker sämtliche Instrumente ein. Soll wazzara ein One-Woman Projekt bleiben oder wird daraus später eine vollwertige Band entstehen?
Barbara: Dies könnte ich mir durchaus vorstellen und bin diesbezüglich sehr offen. Es müssen natürlich die richtigen Leute sein, damit dies funktioniert. Man muss sich aufeinander verlassen können. Nach langen Jahren in einer Band bin ich diesbezüglich ein etwas gebranntes Kind und dementsprechend sehr vorsichtig.
Folkmetal.at: Im Pressekit stand vermerkt, dass wazzara Anfang 2020 auf die Bühne gebracht werden soll. Wie weit ist die diesbezügliche Umsetzung fortgeschritten? Bist du derzeit dabei, Band-Mitglieder bzw. Live-Musiker anzuwerben?
Barbara: Ja, ich bin einerseits in Verhandlung mit Musikern, andererseits aber noch auf der Suche. Der Posten an der Gitarre ist besetzt, eine Background-Sängerin habe ich auch bereits. Letztere wird einen wichtigen Part übernehmen, da bei wazzara das Hauptaugenmerk auf dem Gesang liegt. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich selber eine Gitarre oder allenfalls das Keyboard übernehme. Gerade was die Drums anbelangt, ist derzeit noch kein geeigneter Kandidat aufgetaucht. Da die Songs aber sowieso noch nicht ganz bereit sind, um live umgesetzt zu werden, ist dies auch nicht weiter schlimm. Ehrlich gesagt, war ich wohl etwas zu optimistisch mit Frühjahr 2020. Es könnte durchaus noch etwas länger dauern. Dies empfinde ich aber nicht als tragisch. Das Schöne an diesem Projekt ist ja, dass es ganz natürlich fliessen darf und soll. Für mich ist am Wichtigsten, dass es für mich passt und ich dahinterstehen kann.
Folkmetal.at: „zessa“ wurde bis anhin ausschliesslich digital veröffentlicht. Folgt zu einem späteren Zeitpunkt auch noch ein physischer Release?
Barbara: Ja, dies ist auf jeden Fall vorgesehen. Jedoch erst, wenn Live-Konzerte geplant sind. Ich bin selber ein grosser Fan von physischen Releases. Wenn mir eine Band gefällt, so kaufe ich ganz old-school gerne eine CD von ihnen. Mich interessieren dabei auch immer die Hintergründe: Was hat sich die Band z. B. beim Artwork gedacht etc. Es handelt sich ja nicht nur um eine Scheibe mit guten Songs drauf, sondern um ein Gesamtkunstwerk. Sehr gerne lese ich mir auch die Texte durch. Sicher, dies könnte man auch online tun, aber ich bevorzuge es, das gesamte Paket in die Hand zu nehmen. Es wäre daher für mich persönlich ein Traum, wenn „zessa“ einst auch als CD erscheinen würde.
© wazzara
Folkmetal.at: Uns ist zu Ohren gekommen, dass demnächst ein Video zu einem der Tracks auf „zessa“ veröffentlicht wird…
Barbara: Genau und zwar zu ‘As the Stars’. Das Video ist bereits fertig geschnitten und befindet sich derzeit in der Post-Production. Ich hoffe, dass es in den nächsten Wochen erscheinen wird. Es war ein genialer Dreh mit coolen Leuten. Jonas Schürch (knight-films.com) führte anhand meines Konzepts Regie, Chris Blaser (g3d art-e-motion) war an der Kamera und erledigt überdies die ganze Post-Production. Gedreht wurde an zwei Tagen, einmal drinnen und einmal draussen. Ich bin immer noch hell begeistert, wie toll die beiden dies gemacht haben. Es ging mir darum, die Geschichte zu erzählen. Aus diesem Grund wird keine Band im Video auftauchen und auch mich wird man lediglich singend, nicht aber an einem Instrument sehen. Dabei habe ich mich an den 90er Videoclips orientiert, in welchen die Symbolik, der Raum und auch die Figuren eine wesentliche Rolle spielten.
Folkmetal.at: Du bist nebst wazzara auch bei Solas Dorcha und Isôt Estrange aktiv. Was steht bei diesen beiden Bands in den nächsten Wochen und Monaten an?
Barbara: Isôt Estrange besteht aus Karen und mir und hier sind wir derzeit sehr aktiv. Wir beide haben zuvor in einem Ensemble gespielt und dabei festgestellt, dass wir hervorragend harmonieren. Vor kurzem durften wir unseren allerersten Gig spielen und die Resonanz war schier unglaublich. Unter anderem deshalb haben wir nun begonnen, eigene Songs zu schreiben und wollen Isôt Estrange etwas mehr pushen. Noch nicht ganz klar ist, wie wir dieses Projekt aufziehen wollen.
Solas Dorcha hingegen liegt derzeit auf Eis. Wir lassen uns hier die Zukunft offen. Dies, weil hier viele der Caladmor Mitglieder involviert sind. Ich denke, dass sich die meisten erst persönlich etwas finden müssen. Das meine ich nicht einmal in Bezug auf die Bandgeschichte, sondern betreffend der Frage, wie viel Raum die Musik im Leben jedes einzelnen künftig einnehmen soll. Hier gestaltet sich die Situation sehr unterschiedlich. Mein Fokus liegt daher derzeit bei wazzara und Isôt Estrange.
Folkmetal.at: Wie bist du eigentlich zur Metal-Szene gekommen? Welche Bands waren am prägendsten für dich?
Barbara: Bereits mit 15 Jahren spielte ich in einer Band. Damals stand ich in erster Linie auf Grunge. Der damalige Gitarrist, der schon etwas älter war, brachte eines Tages The Gathering ins Spiel. Vom ersten Moment an war ich von dieser Stimme fasziniert. Daraufhin zeigte er mir weitere Bands wie Anathema, Amorphis und Therion. Mein erstes Metal-Konzert war dann bei Tiamat in Zürich. So hat sich dies bei mir entwickelt.
Folkmetal.at: Die berühmten letzten Worte…
Barbara: Vielen lieben Dank für das Interview, welches mein Allererstes für wazzara darstellt. Überdies möchte ich mich an dieser Stelle bei euch für den jahrelangen Support ganz herzlich bedanken.
Das Interview wurde im Oktober 2019 geführt und aufgezeichnet von Wallace.
Informationen zu wazzara:
https://www.facebook.com/wazzaraofficial/
https://wazzara.bandcamp.com/releases
https://open.spotify.com/artist/1zZ7PAS5Zy5OZKTZXIuXPk?si=e7jmwM65RI-vzvbbKlWs7A